Beyerdynamic T5p (2nd Gen.) – Der Lauthörer

Ok… Der Zeitpunkt ist gekommen es nun offiziell zu machen. Ich befinde mich seit kurzem in einer neuen Beziehung. Zuvor hatte ich mehrere Dates und habe mich dann auf eine neue feste Partnerschaft einigen können. Nein, ich habe mich nicht von meiner Frau getrennt. Der Sennheiser HD800 ist Geschichte. Wir haben uns im Guten getrennt. Warum? Ich war einfach heiß auf was Neues. Am Sennheiser habe ich nach wie vor nichts auszusetzen aber die Kopfhörerwelt ist so riesig und interessant, da hält mein Entdeckungsdrang einfach nicht still. Da mir das Geld nun nicht gerade aus den Ohren wächst, war der HD800 als Anzahlung für einen neuen Kopfhörer vorgesehen.

Ursprünglich sollte die Reise wieder einmal hin zu der Firma Stax gehen. Aber mir war dann doch mehr nach einem geschlossenen Kopfhörer. Der letzte recht high-endige geschlossene Kopfhörer den ich besaß war ein Fostex TH600. Der wandelte auch kurz in die Überlegung einer Anschaffung, allerdings erinnerte ich mich an die eher mittelmäßige Auflösung, den recht zurückgesetzten Mittenbereich und den, für meinen Geschmack, zu weichen Bassbereich. Auch überlegte ich mir nochmal den Beyerdynamic DT 1770 zu ordern. Doch der besitzt fast die gleichen klanglichen Eigenschaften wie der TH600. Also auch abgewählt. So riesig ist die Auswahl bei geschlossenen High-Endern nicht wirklich im Vergleich zu den offenen Vertretern der Zunft. Schließlich erinnerte ich mich mal was von einem Typ namens T5p von Beyerdynamic gelesen zu haben. Der stellt neben dem offenen Bruder T1 die Spitze des Sortiments bei der Firma aus Heilbronn dar. Den T5p gibt es mittlerweile in einer zweiten verbesserten Iteration – kurz als „2nd Generation“ bezeichnet.

Beyerdynamic T5p (2nd Gen.)

Laut Beschreibungen in Foren und beim Blick auf den Frequenzgrafen war klar, den würde ich sehr gern mal hören. Also einen bei Thomann bestellt.

Der Kopfhörer kommt in einer schlichten Pappverpackung. In dieser befindet sich ein schönes und stabiles Transportcase und in diesem wiederum befindet sich der Kopfhörer + Kabel. Also ausgepackt, Kabel dran und als erstes an meinen ibasso DX90 angeschlossen. Da gibt es auch gleich den ersten positiven Kritikpunkt. Der T5p ist für mobile Player konzipiert worden. Also jetzt nicht ausschließlich aber eben bestens dafür geeignet mit seinen 32Ohm und super Wirkungsgrad. Das macht insofern erst recht Sinn, da der Beyer ein geschlossener Kopfhörer ist und somit den Klang der Außenwelt gut abschirmt und auch wenig Sound an diese wiederum abgibt. Die Isolierung sehe ich beim T5p auf einem guten und ausreichendem Niveau. Die Frage, ob diese Abschirmung für eine SBahn-Fahrt ausreichend ist, stellt sich für mich erst gar nicht. Erstens fahre ich nie mit der SBahn und zweitens würde ich den T5p sicher nicht dahin mitnehmen. Dafür ist er viel zu schade und ich würde eher einen günstigeren Hörer vorziehen. Aber allein die Tatsache, dass ich mich auf die Terasse oder den Hof damit setzen kann und dabei fabelhaften Klang genieße ohne großes Trara ist ein riesen Pluspunkt.

Apropos Klang. Es war mir klar, dass es neue Kopfhörer nach der Kombination Sennheiser HD800 und RME ADI-2 Dac sehr schwer haben würden. Da ich auch viel damit gehört habe, haben meine Hörgewohnheiten sich auf diese Kombi eingeschossen und müssen davon erst entwöhnt werden. Dazu muss man Zeit einplanen und neue Kopfhörer nicht nach den ersten 1-2h retournieren. Generell würde ich, wie der Frequenzgraf mir auch vorab verriet, die Klangsignatur als recht warm beschreiben. Der T5p (2nd Gen.) hat im Gegensatz zum HD800 einen stark ausgeprägten Bassbereich. Man, der kann losrocken! Der Bass ist für meinen Geschmack ausreichend straff. Das ist mir immer sehr wichtig. Der DT 1770 hat zwar auch einen stark ausgeprägten Bassbereich, klang mir aber einfach zu softig. Zudem blutet der Bass zu stark in den Mittenbereich. Das ist beim T5p (2nd Gen.) glücklicherweise überhaupt nicht der Fall. Stimmen werden sehr natürlich wiedergegeben. Nicht so analytisch wie beim HD800, einfach entspannter mit einem Hauch Wärme. Die Auflösung befindet sich hier auf einem spitzen Niveau! Generell besitzt das geschlossene Topmodel von Beyerdynamic eine sehr hohe Auflösung durch alle Frequenzen. Und jetzt kommts! Das wird sogar ohne jegliche Höhenbetonung erreicht. Der Höhenbereich ist im Vergleich zum Bassbereich recht zurückhaltend. Also keine typische Smileykurve im Frequenzgang. Am Anfang hatte ich damit sogar leichte Probleme. Während ein Sennheiser HD800 dir die hochfrequenten Klanganteile förmlich in die Ohren brennen kann, ist der T5p (2nd Gen.) da deutlich entspannter. Trotzdem fehlt einem da nichts. Das merkt man nach einer gewissen Eingewöhnungszeit. Alles ist in den Höhen vorhanden nur nicht so schneidend wie zum Beispiel bei einem Beyer DT 1990 Pro. Den ich deshalb auch zurückgehen lassen musste.

Jetzt kommen wir mal zu den ganz großen Stärken des T5p (2nd Gen.). Zum einen ist da diese unglaubliche Pegelfestigkeit. Das Teil verträgt Lautstärkepegel das einem die Hirnrinde vibriert ohne auch nur ins Schwitzen zu kommen. Der bleibt einfach sauber in der Wiedergabe trotz des starken Basses. Zum Vergleich. Ich hatte hier einen Pioneer HDJ-X10. Der ist das Spitzenmodel von Pioneer im DJ-Kopfhörer Segment. Dieser fing bereits bei viel niedrigerem Pegel an deutlich zu verzerren und ist, wie bereits erwähnt, für DJs konzipiert worden. Die müssen damit in sehr lauten Umgebungen arbeiten. Mit dem T5p war ich an meiner persönlichen Schmerzgrenze ohne Anzeichen von klanglichen Unsauberkeiten!

Die zweite große Stärke des Beyer ist seine Art, dir die Musik zu servieren. Er belässt die Titel einfach in einem Guss. Ein Sennheiser HD800 zum Vergleich filetiert dir förmlich die Musik und fächert diese unglaublich weit auf. Das klingt zwar immer wieder beeindruckend, machte aber lange Hörsessions stets recht anstrengend. Das ist einfach sehr fordernd fürs Gehirn. Der T5p (2nd Gen.) seziert nicht – er belässt Musiktitel bei ihrer Ganzheit. Verleiht ihr Koheränz. Damit ist der T5p (2nd Gen.) deutlich langzeittauglicher und lädt erst recht ein, die Lautstärke hochzuschrauben.  Da geht richtig die Post ab ohne dass mir die Ohren wegfaulen nach einer Weile. Im direkten Vergleich zum HD800 höre ich jetzt spürbar lauter mit dem Beyer. Diese Stärke der Koheränz hat aber auch eine Schattenseite. Während das Sezieren eines HD800 oder DT 1990 PRO bei Klassik dir diese gewisse Plastizität bietet, kommt der T5p da nicht mit. Für diese Form der Musik würde ich den T5p (2nd  Gen.) auch nicht empfehlen. Dann eher zum T1 oder 1990er aus gleichem Hause greifen. Für Rock, Pop, HipHop, Elektronische Musik, Jazz, Blues,… quasi jegliche andere Musikrichtung bekommt der Beyer allerdings meine vollste Empfehlung.

Ebenfalls eine Stärke des T5p (2nd Gen.) ist die räumliche Wiedergabe. Durch die angewinkelten Treiber in den Hörmuscheln entsteht kein beklemmendes Gefühl, wie es gern mal bei geschlossenen Kopfhörern vorkommt. Ich erwähne hier mal als weniger gutes Beispiel den Audio Technica ATH M50x. Der musste mich deshalb auch damals verlassen. Die Bühne ist, wie bereits erwähnt, beim T5p für einen geschlossenen Kopfhörer gut. Empfand ich beim TH600 besser, aber dieser schien auch nicht wirklich gut zu isolieren.

Natürlich muss hier auch lobend erwähnt werden, dass die Kabel bei der zweiten Generation des T5p, sowie auch beim T1, nun abnehmbar sind. Das ist auch das einzige optisch Erkennungsmerkmal zum Vorgänger. Die sehen ansonsten aus wie eineiige Zwillinge.

Fazit

Die Pluspunkte sind:

  • sehr komfortabel
  • leicht anzutreiben / für mobile Player bestens geeignet
  • warmer, druckvoller Klang
  • klasse Auflösung
  • gute räumliche Abbildung
  • extrem Pegelfest
  • gute Isolierung
  • abnehmbares Kabel (1,40m langes Kabel im Lieferumfang enthalten)
  • für nahezu alle Musikstile geeignet

Die Minuspunkte:

  • der Preis ist üppig (kostet über das Doppelte des DT 1770 klingt aber auch doppelt so gut)
  • das Kabel mikrofoniert deutlich wahrnehmbar
  • keine Empfehlung für Klassische Musik
  • kein original Spiralkabel erhältlich (würde ich mir persönlich für daheim wünschen)

Zusammengefasst würde ich ihn als komplettes Gegenteil zum Beyerdynamic DT 1990 PRO sehen. Nicht nur von der Bauweise und Klangsignatur auch von der Langzeittauglichkeit. Kurzum, wer einen 1990er für neutral und ausgewogen hält, wird an einem T5p (2nd Gen.) keine Freude finden. Wem allerdings der bekannte Beyer-Peak wie mir immer Probleme bereitet hat, wird hier fündig und mit einem druckvollen, räumlichen und sehr gut aufgelöstem Klang über Stunden hinweg belohnt.

attix Verfasst von:

3 Kommentare

  1. Tobias
    8. Dezember 2019
    Antworten

    Endlich ein Artikel der ausführlich, faktisch und emotional ist. Ich suche schon lange einen solchen Erfahrungsbericht der mir bei der Kaufentscheidung hilft. Toll geschrieben und beleuchtet!

  2. 4. Januar 2020
    Antworten

    Vielen Dank für die objektiven Tests und Berichte! Bei mir steht auch eine KH Neuanschaffung an und ich sträube mich ein wenig davor, mir unzählige KH zum Probehören zu bestellen. Ich liebäugel auch mit einem Beyerdynamic. Er soll als Hifikopfhörer dienen, der auch zum realistischen Monitoring geeignet ist. Ferner soll er auch das Potential haben, zukünftig zum mischen, vlt auch zum mastern geeignet zu sein. Meine Prio liegt auf Hifi und Monitoriung, denn ich habe eine Agentur für Tonträgerherstellung und stelle u.a. Schallplatten her. Die gemasterten Audiodaten, die ich vom Kunden bekomme, möchte ich realistisch einschätzen können. Hier geht es auch oft um tiefe (Sub)-Bässe.
    HIer liebäugel ich mit einem der Beyerdynamic T1, T5P oder auch dem Amiron Home. Aber laut „Kategorisierung“ handelt es sich bei den KH um „Home-KH“, auch wenn die Preise sehr professionell anmuten. Kann man die auch professionell zum Monitoring oder vlt sogar zum Mischen/Mastern verwenden? Hast Du dazu eine Meinung?
    Dankeschön & liebe Grüße, Michael

    • attix
      4. Januar 2020
      Antworten

      Hallo Michael,
      prinzipiell ist jeder Kopfhörer annähernd gleich gut bzw. schlecht fürs Abmischen geeignet. Die Vorteile von Kopfhörern sind ja die Unempfindlichkeit gegenüber der Raumakustik und der detailliertere Klang im Vergleich zu Lautsprechern. Das ist im Bezug aufs Abmischen allerdings auch der Nachteil. Wichtig ist, dass du ein Gehör dafür entwickelst. Dazu benötigst du nach Möglichkeit neutrale Lautsprecher als Referenz und ein Paar geschlossene Kopfhörer. Geschlossen deshalb, weil die Sub-Bässe ansonsten zu vernachlässigt werden. Bei den offenen Modellen fehlt der sogenannte Druckkammer-Effekt. Nach etwas Übung kannst du den Klang über die Kopfhörer gut einschätzen. Am besten ist mir das mit einem Yamaha HPH-MT8 gelungen. Die taugten wiederum überhaupt nicht zum HiFi Genuss. Auch der Sennheiser HD25 ist für Monitoring außerordentlich gut geeignet und recht neutral ausgelegt. Dennoch setzt er genug Akzente im Klang. Bei dem HD25 mangelt es aber etwas an Komfort über viele Stunden.
      Der Beyerdynamic T5p ist von seiner Abstimmung her allerdings zu warm abgestimmt. Damit würde ich mich persönlich sehr schwer tun abzumischen.

      Meine Empfehlung würde dahin gehen mehr als einen Kopfhörer zu nutzen. Nimm einen für die Arbeit und einen für die entspannten Stunden. Fürs Monitoring z.Bsp. Beyerdynamic DT 240 PRO / Sennheiser HD25 und für den Genuss T1 / T5p. Damit musst du keine Kompromisse eingehen und wirst sehr viel eher glücklich werden. Lass dich nicht vom Preis des DT 240 abschrecken. Der ist viel besser als es die 69€ vermuten lassen. Den nutze ich selber zum Schallplatten-Digitalisieren.

      Ich hoffe, dass hilft irgendwie weiter. Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg bei deiner Suche.

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