Blaue Lichter der Vergangenheit

„Die Hoffnung stirbt zuletzt.“ Dieses Sprichwort kennt sicher jeder. Es soll Darbenden Mut zusprechen und sie motivieren durchzuhalten. Wie oft musste ich mich selbst damit konditionieren? In meinem speziellen Fall ging es um den Kauf eines bestimmten DJ-Mixers unter der Zuhilfenahme von viel Geduld. Wer mich kennt weiß, dass ich durch mein DJ-Hobby begründet, seit vielen Jahren ein ungewöhnliches Faible für jene Mischpulte besitze. Keine Ahnung wieso. Mich faszinieren einfach diese kompakten Steuerzentralen für Audiosignale mit möglichst vielen Knöpfen drauf. In der Vergangenheit kamen und gingen viele dieser Kisten. Aus Neugierde wurde ein Pult gekauft, ausgiebig benutzt, durchgetestet und nach einer Weile diente es als Anzahlung eines neuen Mixers. Das ging ein paar Jahre so, bis ich meine erste Wohnung bezog und die elterliche Behausung verließ. Da war kein Platz mehr groß für ein heimisches DJ-Zimmer. Es gab dann Zeiten, da besaß ich gerade mal einen Pioneer DJM-300 und ’nen Kopfhörer. Aber ganz ohne DJ-Mixer, das ging nie.

Nun habe ich wieder wunderbaren Platz für meine Spielereien und das ein oder andere DJ-Gerät aus alten Zeiten plane ich hier als Kollektion zu aggregieren. Das erste Pult, welches ich mir wiederholte, war ein UREI 1601E. Dabei konnte ich glücklicherweise ein riesiges Schnäppchen machen. Diese sind mittlerweile so rar und dementsprechend teuer. Dann gesellten sich ein Pioneer DJM-700-S, ein ECLER EVO 4, sowie ein Mackie d.2 dazu. Aber drei ganz bestimmte Mischer, die ich gern wieder beheimaten würde, fehlten leider noch in der Sammlung. Einen davon konnte ich nun nach dreijährigem Blättern in den Kleinanzeigen ergattern. Ein Mackie d.4 PRO!

Es war nun keinesfalls so, dass nicht hin und wieder mal einer aufgetaucht wäre, aber entweder der verlangte Preis erschien jenseits von Gut und Böse, oder die Bude sah total runtergerockt aus. Abwarten hieß die Devise und siehe da, eine neue Anzeige poppte auf. Bilder-Check positiv, Preis VB. Mein Glück zeigte sich diesmal darin, dass der Verkäufer nicht so recht wusste, was er da in der Garage seines Bruders gefunden hat. Auch konnte er mir nicht bestätigen, ob das Teil überhaupt funktioniert. Da habe ich ein bissel gepokert. Den Preis ins Abyssische verhandelt und am Ende gehofft, dass hier überhaupt was ankommt. Die Reputation des Verkäufers war nicht gerade vertrauenserweckend. Er machte in den Emails jedoch einen sehr vernünftigen Eindruck. Sechs Tage später wurde der Mixer aus Frankreich geliefert. War ich gespannt!

Die Bilder aus der Kleinanzeige

Die Bilder wirkten durchaus vielversprechend. Alle Potikappen da, nur ein dämlicher Sticker drauf, keine Anzeichen von Rost und die Abnutzungsspuren kaum der Rede wert. Nur, funktioniert er auch? Also gleich nach dem Auspacken mal nervös den Mackie mit Strom versorgt und zu meiner Erleichterung – das Teil geht an. Den anschließenden Soundcheck auch positiv bestanden. Super! Ein paar Kleinigkeiten um die ich mich kümmern musst, entdeckte ich jedoch auch. Die EQ-Potis kratzten zum Teil und ich bekam keine Kopfhörerklinke in die dafür vorgesehene Buchse. Da steckte schon irgendwas drinnen. Zudem wollte ich den Mischer gleich mal grundlegend reinigen. Habe zwar schon schlimmer verdreckte DJ-Mixer gesehen, aber ein bisschen herrichten ist Pflicht für mich.

Also Ersatzfader besorgt und los geht’s. Für gewöhnlich lässt sich die obere Faceplate von DJ-Mixern mit ein paar gelockerten Schrauben, sowie abgezogenen Poti- und Faderkappen entfernen. Das ist üblicherweise der Fall, um den Mixer ohne viel Theater warten zu können, oder falls man eine andere Faceplate anbringen will. Zu meiner Überraschung nicht so beim Mackie d.4. Um den Prozess kurz zu beschreiben: Das gesamte mehrteilige Metallgehäuse wurde um die Hauptplatine des Mixers entworfen. Das bedeutet, dass man sich Stück für Stück vorarbeitet, bis man irgendwann die Platine von der Deckplatte befreit hat. Ganz zum Schluss wohlgemerkt. So bot sich mir bei dem zweistündigen Prozess die Gelegenheit, den Mischer mal en détail anzuschauen.

Demontage und Reinigung

Die Demontage war zwar langwierig, jedoch logisch nachvollziehbar. Für bestimmte Schritte mache ich als Merkhilfe gern Bilder mit dem Handy. Zum Beispiel, wenn es um die Anordnung mehrerer Kabel und Stecker geht.

Mit freigelegter Platine und den Gehäuseteilen begann die Reinigung. Der Aufkleber ließ sich einfach mit dem guten, alten IPA entfernen. Alle Metallteile und Potikappen erfuhren zudem einen gründlichen Waschgang. Die Potentiometer auf der Hauptplatine habe ich obendrein auch mit Zahnbürste und IPA gereinigt + Behandlung mit Kontaktspray. Aus der Kopfhörerbuchse konnte ich mit einer Zange ein Stück eines Klinkensteckers entfernen. Dieser Übeltäter war die Ursache dafür, warum ich anfangs keinen Kopfhörer anschließen konnte. Die im Gehäuseboden verortete Firewire-Karte wurde auch von jeglichem Staub erlöst und die Anschlussbuchsen dieser zurechtgebogen. Die waren etwas verformt.

Da sich mit der Zeit bestimmte Kunststoffe und Farben gelblich verfärben, traf ich den Entschluss, diese bei den Potikappen zu entfernen. Dazu benötigt man 12%iges Wasserstoffperoxid, UV-Licht und viel Zeit. Nach 1-2 Tagen ist die unschöne Kolorierung verschwunden und ein Weiß oder Grau sieht dann auch wieder danach aus.

Über AliExpress kann man glücklicherweise noch die original Channelfader ordern. Ursprünglich hatte ich den exakt gleichen Typus bestellt. Der Verkäufer auf der chinesischen Verkaufsplattform machte jedoch keine Anstalten die Teile zu versenden. Somit wählte ich später notgedrungen, ein Model, das im Mackie d.2 verbaut ist. Diese Fader sollten genauso funktionieren. Im Idealfall bestellte man damals die Originalteile von Mackie und musste diese Schieberegler nur gegen die verschlissenen tauschen. Da ich einzig und allein die Fader ohne angelötete Platine beziehen konnte, blieb mir nichts weiter übrig, als diese wiederzuverwendend an die neuen anzulöten. So war zumindest der Plan. Ich hab‘ zum Verzweifeln diese Platinen nicht entlöten können. Egal was ich auch versucht habe, diese wurden nicht lose. Also entschied ich mich für Plan „B“ und lötete die Kabel direkt an die Kontakte der neuen Fader. Ist zwar nicht sonderlich schön, funktioniert jedoch bestens. Die Reihenfolge der sechs Leitungen muss halt genau beachtet werden.

Unschöne Lackkratzer auf dem Gehäuse ließen sich mit einem feinen Edding kaschieren. Zudem noch einen Klecks Schutzpolitur auf die lackierten Teile aufgetragen, sowie den optischen Crossfader entstaubt und mit etwas Öl abschließend gewartet. Nun hieß es alles wieder korrekt zusammenschrauben. Nach insgesamt etwas mehr als sieben Stündchen konnte ich checken, ob alles funktioniert. Zu meiner großen Freude läuft alles perfekt. Dass die besonderen blauen LEDs der EQ-Potis mit der Zeit sterben, wusste ich und kann leider nix daran ändern. Zum einen bekommt man diese nicht als Ersatzteil und zum anderen übersteigt der Austausch mein Können mit dem Lötkolben, sowie Equipment. Die Firewire-Karte läuft erfreulicherweise noch zuverlässig mit dem aktuellen Traktor Pro 3.

Vielleicht an dieser Stelle noch die Erklärung, warum ich mir soviel Mühe mit dem d.4 PRO gemacht habe. Mein erstes Aufeinandertreffen mit dem Gerät fand vor 13 Jahren satt. Das Design, sowie die integrierte Firewire-Karte in Kombination mit Traktor Pro erschien enorm verlockend. Der Klang ist immer noch einer der besten, den ich kenne. Klingt einem A&H-Mischer mindestens ebenbürtig! Zu der ein oder anderen Festivität kam der Vierkanäler dann auch in Aktion. Ich mochte das Teil einfach und verbinde schöne Erinnerungen damit. Als damals der Umzug in meine erste Wohnung bevorstand, war mir klar, dass kein Platz mehr für den Mixer vorhanden sein wird und der Verkaufserlös gut in ein zukünftiges Interior investiert werden kann. Somit endete das gute Stück schweren Herzens im Verkauf. Habe ich immer bereut.

Auf der anderen Seite fummele ich einfach gern mal an Elektronik herum. Da lässt sich der Alltagsstress gut für ein paar Stunden ausblenden und wenn abschließend alles funktioniert, entsteht ein sehr zufriedenes Gefühl.

attix Verfasst von:

2 Kommentare

  1. Norman Ruhmann
    28. Juli 2022
    Antworten

    Hi Sandro! Ich wusste von der ersten Zeile an worum es ging und als ich das erste Foto sah, wusste ich sofort es ist der Mackie! (Die absolute Gewissheit hatte ich bei den letzen Fotos – das sind wir beide vor ewigen Zeiten ) Großartige Anschaffung und Glück hattest du auch wie es aussieht. Viel Vergnügen damit und behalte den Mixer in deiner Sammlung. Falls es andere Pläne gibt- ich würde ihn kaufen ☺️

    • attix
      28. Juli 2022
      Antworten

      Vielen Dank! 🙂

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