Studio 53

Rückblick

Mein erstes (Kinder-)Zimmer habe ich mir mit meinem Bruder teilen müssen. Später mit 11 bekam ich eines für mich allein. Wir wohnten damals Platte und ich ergattert ein sogenanntes Bodenzimmer, entkoppelt von der elterlichen Wohnung, direkt unterm Dach. Als Kind schätzte ich das gar nicht so sehr, denn ein Refugium hatte ich anfangs nicht wirklich nötig und meistens war man ja mit den Spielekumpels eh auf Achse.

Noch später, als meine Familie in ein Haus umzog, hatte ich bereits eine Etage für mich und das bedeutete schon was. Hatte es doch 50% des Sexappeals einer eigenen Wohnung. Während ich mit meinen musikalischen Emissionen aus dem Bodenzimmer noch ständig Konflikte mit der Nachbarschaft erzeugte, war ich nun wesentlich ungebundener im elterlichen Haus, was den Lärmpegel betraf. Hörbare Freiheit! Doch diese endete leider abrupt beim Bezug der ersten eigenen Wohnung (damit entstand meine Leidenschaft für Kopfhörer) und begann erst wieder sich in den eigenen vier Wänden zu entfalten.

Am Schönsten entfaltet sich das aber in einem dedizierten Raum. Nicht nur, dass ich meine Familie nicht nerven will, (teilweise frickel ich ja ewig an einem Sound und das kann ein Außenstehender nur schwer begreifen/ertragen was er da hört) auch ist die empfindliche Technik vor allzu unbedachten Kinderhänden geschützt. Ich erinnere mich noch schmerzlich an meine 135€ Ortofon Blue Nadel. Meine süße Tochter nutzte eines schönen Tages die Gelegenheit, während eines Ersuchens der Toilette meinerseits, dass sie doch auch mal eine Schallplatte auflegen kann, bis der Papa zurück ist. Leider fehlt bei einem dreijährigen Kind dann doch die Feinmotorik für solch grazile Technik. Ende vom Lied: die Platte war noch heil, aber das Nadelsystem schrott.

Status Quo

Nun, mittlerweile brauche und schätze ich ein Refugium für mich allein. Ein Zimmer für große „Kinder“, mit musikalischer Ausrichtung. Anfang 2016 fing nun der Ausbau unserer Kelleretage an und somit auch die Umsetzung meines geplanten Studios. Viel Zeit, Schweiß und Geld hat es gebraucht, aaabeeer nun ist es fertig und ich freue mich sehr darüber.

Anfänglich war die Freude allerdings stark getrübt. Ich habe die Technik hier unten aufgebaut, den ersten Hörtest gestartet und bin vor Enttäuschung aus allen Erwartungswolken gefallen. Was für ein beschissener Sound hier unten. Ein Bassgedröhne der fiesesten Sorte, oder wie Fynn Kliemann, der Heimwerkerking, es in seinem äußerst kurzweiligen Studiobau-Video bezeichnete: Bassflatulenzen. Das konnte auf keinen Fall so bleiben. Also erstmal das Internet bemüht und erkundigt, was das genau ist und ob man dagegen etwas machen kann. Es sollte sich herausstellen, dass das Bassgewummer sogenannte Raummoden sind. Als Raummoden werden Schwingungsknoten oder Schwingungsbäuche stehender Schallwellen im Raum bezeichnet. Dafür existieren online Rechenprogramme. Dort trägt man die Dimensionen des Raumes ein und erhält eine Übersicht der auftretenden Moden. Eine ganz üble hatte/habe ich bei 31Hz.

Equipment

 

Abhöre

Daraufhin habe ich alle erdenklichen Abhörpositionen ausprobiert, eine große Menge Absorber an Decke und Wände angebracht, Schallabsorberkästen mit Glaswolle befüllt, selber gebaut und Bassfallen in die Ecken genagelt. Auch war technisches „Downsizing“ angesagt. Damit tat ich mich schwer. Die Physik trickst man aber nun mal eben nicht so einfach aus. Somit wurden meine 8″ Monitore von M-Audio und der 8″ Nubert Sub gegen ein kleineres 2.1 Lautsprechersystem getauscht. Eine Wissenschaft für sich. Zuerst probierte ich die kleinen 5″ JBL 305 im Zusammenspiel mit dem Nubert Subwoofer. Die klangen schon richtig gut und es war dröhnseitig auch etwas besser, aber ich musste trotz der geringen Größe immer noch die Bassreflexrohre auf der Rückseite verstopfen, um das „Flatulieren“ abzumildern. Auch fehlte mir klangtechnisch bei den JBL Speakern die erhoffte Auflösung in den hohen Frequenzen. Bei einem Freund machte ich dann mit Lautsprechern der Firma Adam Bekanntschaft. Seine Adam F7 klangen schon eher nach dem, was ich suchte. Allerdings waren das 7″ Monitore und damit viel zu überdimensioniert für mein sensibles Studio. Gelandet bin ich dann bei den kleinen Adam A3X. Diese ersetzte ich allerdings auch wieder. Gegen ein passives Paar 3010i von Q-acousitcs. Diese sind in Verbindung mit einem Yamaha A-S301 Vollverstärker vorerst die perfekt Lösung.
Die Speaker habe ich per Wandhalterung an die Raumbegrenzung angewinkelt angeschraubt, da ich irgendwie an meinem Zweitmonitor vorbei musste, ich aber auch auf das Stereodreieck achten wollte. Hätte sie zwar lieber auf Kopfhöhe positioniert, so erspart es mir aber eine nerviges Verrücken auf dem Schreibtisch. Da mein Freund zudem einen Sub mit mehr Power suchte und ich einen mit weniger, wurde kurzerhand mein Nubert AW-441 gegen sein Adam Sub7 getauscht. Er ist jetzt happy und ich bin es auch – klassische Win-Win-Situation.

Ich bin nach wie vor ein großer Fan von Kopfhörern. So befinden sich aktuell sieben Stück in meinem Besitz. Anstelle von wenigen teuren Vertretern bin ich nun auf dem Stand, eher geldbeutelfreundliche Modelle zu kaufen, dafür aber eben mehr. So schwirren hier ein AKG K701, ein AKG K181DJ, ein Beyerdynamic DT 240 PRO, ein Etymotic ER3XR, ein Sennheiser HD 25 und HD 58X Jubilee, sowie ein Ultrasone DJ1 herum.

Interface

Gespeist werden die Speaker von einem RME ADI-2 DAC FS Interface. Das Teil ist einfach der Wahnsinn. Im Prinzip handelt es sich dabei um einen erstklassigen Kopfhörerverstärker. Er bietet aber obendrein noch XLR Ausgänge, die direkt per Kabel mit dem Yamaha Verstärker verbunden sind. Ich habe den ADI-2 in einem eigenen Beitrag mal näher beleuchtet. HIER

Daten empfängt das Interface von meinem PC. Nachdem ich vor ein paar Jahren noch einige Zeit einen Hackintosh nutzte, bin ich wieder komplett auf Windows umgezogen. Ich fühle mich hiermit einfach wohler. Die neuen OSX Versionen gefallen mir überhaupt nicht mehr und Win 10 ist einfach top!  Es passt mehr zu meinem User-Profil. 

Medien

Für die Nutzung des Studios war es mir wichtig, alle für mich relevanten Tonträgerformate anhören zu können. Da steht an erster Stelle natürlich Vinyl. Als nunmehr 15 jähriger Anhänger des Formats, wurde eine zufriedenstellende Kette installiert. Hauptsächlich nutze ich diese zum Digitalisieren der Schallplatten. Dabei kommt als Plattenspieler ein Technics SL-1210MK7, als Nadelsystem ein Ortofon Vinyl Master Silver, als Phono-PreAmp ein Graham Slee GramAmp 2 Communicator und ein Apogee duet AD-Wandler zum Einsatz. Einen detaillierteren Beitrag dazu findet sich HIER.

Ich nutze nach wie vor ebenfalls noch Kompaktkassetten. Da gibt es zum einen meine Sammlung alter Radiomitschnitte und zum anderen kaufe ich gern spezielle Sachen, die nur auf diesem Format erhältlich sind. Zum Abspielen dieser Tapes, dient ein Pioneer CT-737. Dieser ist zwar bereits fast so alt wie ich, erledigt seine Aufgabe aber noch ausgezeichnet.

An der gegenüberliegenden Wand befindet sich der DJ-Stuff. Da ich ja ab und zu immer noch gern mal einen Mix für mich zusammenmische und daran Spaß habe, kaufte ich mir ein Paar Pioneer CDJ-800MK2, einen Pioneer DJM-700S und ein Allen&Heath Xone:DX. Ergänzt habe ich meine Möglichkeiten noch um ein Traktor Scratch Bundle. Ich kann nun mit gewöhnlichen CDs Mixen, mit Timecode-CDs, oder über einen DJ-Controller und decke dadurch alle meine Wünsche diesbezüglich ab.

Gegenüber meiner Sitzposition, am anderen Ende des Raumes, befindet sich die „Record Corner“. Ein paar nicht so wertvolle Schallplatten wollte ich sichtbar an der Wand und der Rest meiner kleinen aber sehr feinen und stetig wachsenden Kollektion befindet sich in einem Kallax. Über all dem wacht der Ed. Die Lampe mit dem außergewöhnlichen Design war ein Geschenk meiner Frau. An der Steckdose befindet sich ein Powerline Adapter für das DSL. Ursprünglich war geplant, eine Leitung vom Router in den Keller zu verlegen. Das Kabel dafür ist sogar schon vorhanden, allerdings versuchte ich dem Umstand zu entgehen, die Bohrmaschine durch diverse Wände treiben und etliche Meter Kabelschacht andübeln zu müssen. Da kam mir die Idee, DSL über das hauseigene Stromnetz zu übertragen gerade recht, zumal sich diese Form des Transfers in den letzten Jahren sehr gut entwickelt hat. Funktioniert einwandfrei. Auch um Shooter zu zocken.

Insgesamt bin ich sehr zu frieden mit meinem Musikzimmer. Der Sound ist jetzt durchaus brauchbar, ich habe genügend Platz und an Technik alles was ich z. Zt. brauche. Von Klangerzeugern als Hardware bin ich abgekommen, da mich die Vorzüge, alles im Rechner machen zu können, zu sehr überzeugen. Ich hätte jeder Zeit die Option, leihweise an einen Minimoog zu kommen, aber aktuell keinen Bedarf. Die Software PlugIn-Welt entwickelt sich in nahezu Lichtgeschwindigkeit und die Authentizität des Klangs ist bei manchen Nachbauten so nah am Original, dass die Wenigsten den Unterschied erkennen würden. Einzig der T-Resonator von JoMoX hat einen festen Platz. Egal was ich vom PC aus da durchschleife, es kommt immer was geiles am Ende dabei raus. Eine genauere Betrachtung zu dem Gerät gibt es HIER.

Hier noch ein paar Bilder aus der Bauphase

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Im Jahre 2020 habe ich hier unten ein paar Dinge verändert. So richtig zufrieden war ich mit der Einrichtung nie so ganz. Mittlerweile weiß ich genauer was ich brauche und habe meinen Fokus da mehr darauf gelegt.

attix Verfasst von:

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