Technics SL-1210 MK7

Wer sich heutzutage auf die Suche nach einem soliden Plattenspieler begibt, hat es nicht leicht. Insbesondere, wenn man den Einsteigerbereich hinter sich lassen möchte. Nicht, dass es keine Auswahl gäbe, nein, allein an Funktion, Qualität oder Budget mangelt es. Oft steht man dann zudem auch noch vor der Frage: gebraucht oder Neugerät?

Die Vorgeschichte

Ich „quälte“ mich nun eine ganze Weile mit dieser Aufgabe herum. Mein letzter Dreher war ein Onkyo CP-1050. Er sah hübsch aus, bot die Funktionalität auf die ich Wert lege und machte soweit sein Ding. Aber diese Einstreuung von Störsignalen. Ja, so hundertprozentig war ich leider nicht von dem Gerät überzeugt. Richtig bewusst ist mir dieser Umstand erst mit der Umstellung meiner Vinyl-Rip-Kette geworden. Es begann damit, dass ich mein „antikes“ MacBook wiederbelebt hatte und nun eine Aufgabe dafür suchte. Der Gedanke darüber meine Schallplattenaufnahmen zu realisieren kam schnell. Obendrein wollte ich noch (längst überfällig) das Audiointerface aufwerten – also den A/D-Wandler upgraden. Logisch, dass der „Line In“ vom Laptop ausschied und mein bisheriges Audiointerface sollte auch immer nur eine Übergangslösung darstellen. Da das MacBook noch einen alten FireWire 400 Anschluss besitzt und mir einfiel, dass es vor 10 Jahren mal ein nettes FireWire-Gerät Namens Apogee duet gab, sollte es das werden. Meine Vermutung, dass die duet erster Generation nach all den Jahren nun günstig zu beschaffen sein müsste, erwies sich als richtig. Das ergatterte Gerät sieht aus wie neu und hat mich 80€ gekostet. Die Aufnahmequalität dieser Soundkarte ist immer noch aller erste Sahne. Die Teile kosteten ja mal richtig Geld. Mittlerweile ein Schnapper! Mit diesem neuen Setup machte ich nun Vergleichsaufnahmen wie sich wohl der Klang durch das hochwertige Audiointerface verbessert hat.
Um den Bogen nun zum Onkyo Plattenspieler wieder zurück zu spannen, dabei bemerkt ich diese Störsignale. Waren diese mir auch vorher schon aufgefallen, so erschienen sie mir jetzt zu deutlich und nervend. Ursachenforschung war angesagt. Das Testen an verschiedenen Phono-PreAmps und Tonabnehmern bestätigte dann die Vermutung, dass die Störsignale vom Antrieb des Plattenspielers stammen mussten. Ein tiefes Brummen und so eine Art elektrostatisches Knistern. Um diese Aussage ins richtige Verhältnis zu rücken, ich rede hier von wirklich leisen Einstreuungen! Die auch nur über meinen Lieblingstonabnehmer, ein Ortofon Vinyl Master Silver, auftraten. Jenes scheint da wohl recht empfindlich zu sein. Die Störsignale wurden glücklicherweise bereits vom Eigenrauschen der Schallplatte fast komplett überdeckt. Trotzdem wurde der Tonabnehmer davon beeinträchtigt. Man konnte es an der Amplitude der Aufnahme erkennen. Diese veränderte sich ungewöhnlich stark zur Plattenmitte hin. Wenn man den Tonabnehmer schwebend per Hand hin und her bewegte hörte man die Veränderung der Störsignale über Kopfhörer deutlich. Dieser Umstand stimmte mich sehr unzufrieden…

Ich möchte den CP-1050 nicht schlechter machen als das Gerät tatsächlich ist. Wenn ich nur Platten damit hören würde, hätte ich das Teil auf jeden Fall behalten. Da ich allerdings hauptsächlich Vinylscheiben digitalisieren werde und dabei auf eine hohe Aufnahmequalität Wert lege, lausche ich da schon sehr sehr genau hin. Denn, wiedergeben tue ich die aufgenommenen Sachen dann meistens über hochauflösende Kopfhörer und da fallen unerwünschte Einstreuungen schon ins Gewicht.

Somit war für mich klar, dass die Zeit für einen neuen Dreher gekommen ist. Wie sollte der neue Plattenspieler sein? Was ist mir wichtig?

  • Direktantrieb (kein Bock auf Riemen)
  • Knöpfe für 33 1/3 RPM und 45 RPM
  • niedrige Gleichlaufschwankungen
  • SME Bajonett-Anschluss
  • solide Verarbeitung
  • Abdeckhaube
  • höhenverstellbare Füsse
  • keine Einstreuung von Störsignalen

Also checkt man die üblichen „Verdächtigen“ aus. Plattenspieler von Thorens, Audio Technica, Pioneer, Reloop, Synq, Stanton, you name it… Was diese alle gemeinsam haben, ist ihre Herkunft aus Fernost. Genauer gesagt aus den Hanpin-Werken, Taiwan. Denn dort wird heute das Gros aller Plattenspieler hergestellt. So ziemlich jeder DJ-Plattenspieler (OEM, Super OEM) kommt mittlerweile von dort. Oder zumindest das Innenleben der Dreher. Ja selbst der Elac Miracord 50. Nun wird im Interweb ja gern die hohe Qualität dieser Hanpin-Dreher in Reviews betont. Bei genauerer Recherche erfährt man dann aber doch die Wahrheit. Alle Plattenspieler, welche ich mir als möglichen Kandidaten auserkoren hatte, machten bei Usern Störgeräusche. Frustrierend! Die Plattenspieler von Pro-Ject oder Rega erfüllen leider nicht alle meine Anforderungen oder sind zu teuer. Den Pro-Ject RPM 1.3 Genie besaß ich bereits in der Vergangenheit. Da fehlte mir einfach auf Dauer der Komfort.
Es scheint so eine magische Grenze von ca. 1400€ zu geben, ab der man wirklich vernünftige Geräte bekommt. Die stammen dann vermutlich nicht von Hanpin – sind aber für mich zu teuer.

Also doch gebraucht? Ein alter Kennwood, Thorens oder Technics? Es muss ja kein betagter 1210er sein, oder besser doch? Ich habe lange überlegt, mit Leuten geschrieben und gelesen. Bin dann aber zu dem Entschluss gekommen, dass ich kein 20-30 Jahre altes Gerät möchte und mir generalüberholte Spieler einfach zu viel kosten. Die Langlebigkeit der Technics Plattenspieler stelle ich überhaupt nicht infrage. Auch Reparaturen und Wartung würde ich mir zutrauen, aber muss das sein?
Ich entschied mich somit für ein Neugerät. Da ich letztes Jahr die Info über die Reinkarnation des 1210ers von Technics begeistert gelesen hatte, ging mir dieser seither nicht mehr aus dem Kopf. Dieser erfüllt alle meine weiter oben aufgezählten Wünsche und der Preis hält sich auch irgendwie noch im Rahmen. Soviel zur Vorgeschichte – nun zum Technics SL-1210 MK7

Technics SL-1210 MK7

Die SL1200er / 1210er Geräte der Firma aus Japan sind die wohl bekanntesten Plattenspieler überhaupt. Das SL im Namen steht übrigens für Stereo (S) und Player (L). Die ersten Dreher unter dieser Bezeichnung kamen 1972 auf den Markt. Das war der MK1 – noch ohne den typischen Pitchfader rechts auf der Oberseite. Ursprünglich wurden diese Plattenspieler von Technics für den HiFi-Gebrauch zuhause konzipiert. Da wird gerne mal was anderes behauptet. Ab 1979 konnte man nun den MK2 mit „Pitchadjust“ erwerben. Dieser erlangte aufgrund seiner robusten, präzisen und funktionalen Eigenschaften schnell Popularität und veränderte die Arbeitsweise von DJs maßgeblich. Er gilt als der Kult-Plattenspieler schlechthin. Während die 1200er immer die silberfarbene Ausführung darstellten markierte die Bezeichnung 1210 die schwarze Farbgebung. Die Modellpflege ging mit kleinen Veränderungen bis zur MK6 Iteration und wurde nach jeweils einer limitierten und einer vergoldeten Auflage 2010 vorerst eingestellt. Dank einer Petition von 27.000 Unterzeichnern und des kleinen Vinyl-Revivals entschied sich Technics für eine Neuauflage ihres Kult-Drehers. Diese startete mit der hochpreisigen Grand Class Serie und mündet aktuell in der Version des MK7.

So betrübt wie ich 2010 über das Aus war, so erfreut war ich Ende letzten Jahres bei der Ankündig des SL-1210 MK7 für 2019 und liebäugelte damit. Ich besaß vor 12 Jahren bereits mal ein Paar 1210er MK2 und einen 1200 MK5.

Technics SL-1210 MK2 und Pioneer DJM 400 Mixer

Technics SL-1200 MK5

Daher wusste ich auch was mich bei Technics erwartet. Der MK7 hat wieder ein paar neue Modifikationen erhalten. Das erste was einem ins Auge fällt ist, dass der aktuellste 1210er nun komplett schwarz ist. Auch der Tonarm, die Knöpfe und der Puck, Als weitere Neuerung sind die Anschlüsse für Audiokabel und Netzstecker zu nennen. Vorher gab es die nicht. Die Kabel waren vom Werk aus fest mit dem Plattenspieler verbunden und mussten bei einem Kabelbruch recht aufwändig gewechselt werden. Die Anschlüsse sind sehr weit unter dem Dreher positioniert und man hat schon etwas zu fummeln um die Kabel anzustecken. Das soll sicherlich „Scherzkekse“ im Club davon abhalten Unsinn damit zu machen. Es erleichtert zudem die um 90 Grad gedrehte Aufstellung für Turntablisten.
Der Pitchfader ist nun nicht mehr analog, sondern digital. Es soll sich laut mehreren Aussagen wohl um den besten Vertreter der diskreten Gattung handeln. Ebenso Einzug hat die Verdopplung des Verstellbereiches gehalten. Mit einem Tastenklick kann man zwischen +-8% und +-16% wählen.

Insgesamt ist der neue Technics-Spieler etwas leichter als seine Vorgänger ausgefallen, wodurch wohl auch etwas die sehr guten Dämpfungseigenschaften, gegenüber Resonanzen, abgenommen haben sollen. Da ich ausschließlich über Kopfhörer digitalisiere interessiert mich das überhaupt nicht. Wer diesen jedoch in lauter Club-Umgebung nutzen möchte sollte das aber im Hinterkopf behalten und gegebenenfalls erstmal testen.

Ein weitere Veränderung am neuesten Modell befindet sich versteckt unter dem Plattenteller. Dort kommt ein kleines „Mäuseklavier“ zum Vorschein. Mit den winzigen DIP-Schaltern und einem kleinen Schraubenzieher zum Beispiel, lassen sich das Bremsverhalten, das Drehmoment, 78 RPM Geschwindigkeit, Rückwärtslauf und die LED-Farbe (rot oder blau) damit anpassen. Während andere Hersteller diese Einstellmöglichkeiten oben oder seitlich am Gehäuse anbringen, gefällt mir diese Herangehensweise von Technics besser. Denn ich stelle diese Dinge einmal ein und will sie dann nicht mehr sehen. So entsteht einfach ein cleanes Bild. Ich habe, ohne in die Bedienungsanleitung zu schauen, einfach probiert bis es für meine Bedürfnisse gepasst hat. Ich wollte ein schnelleres Abbremsen, das Drehmoment stimmte, von 78 RPM sowie Rückwärtslauf mache ich keinen Gebrauch und favorisiere die blaue LED-Farbe. Ja, es sind nun überall sehr langlebige LEDs verbaut.

Die Aufstellung ging wie gewohnt gut von der Hand. Wichtig ist halt darauf zu achten, dass der Plattenspieler im Wasser steht – also möglichst perfekt gerade. Der Tonabnehmer sollte optimal eingestellt sein. Das lässt sich anhand der hochwertigen Qualität des Tonarms bestens bewerkstelligen. Hier klappert und wackelt nichts. Da ich, wie man auf dem Bild weiter unten erkennen kann, eine dickere Matte auf dem Plattenteller verwende als die mitgelieferte Filzmatte, muss die Höhe für den Tonarm angepasst werden. (Das sollte man eigentlich immer nach dem Wechsel eines Tonabnehmers machen!) Die Höhenverstellung für den Tonarm läuft butterweich.

Insgesamt hinterlässt der SL-1210 MK7 einen sehr guten Eindruck. Die neue leicht aufgeraute Oberfläche fasst sich gut an, die Bedienelemente vermitteln einen wertigen Eindruck und der Gleichlauf ist in dieser Preisklasse konkurrenzlos. Das Wichtigste für mich ist natürlich, ob es Störsignale mit dem Ortofon Vinyl Master Silver gibt. Ich kann zufrieden verkünden, dass hier überhaupt nichts davon zu hören ist. Der Technics ist einfach nur totenstill. Auch bei voll aufgedrehtem Eingangspegel konnte ich keine Einstreuungen vom MK7 ausmachen. Top!

Das Klangbild wirkt nun ruhiger und schärfer umrissen. Das fiel mir sofort auf. Der Sound gewinnt an Dynamik. Zudem habe ich den Eindruck, dass der Raumgeschehen der Musik besser vermittelt wird. Es scheint so, als ob der sensible Tonabnehmer nun viel freier aufspielen kann. Wir reden hier zwar nicht von einem Unterschied wie Tag/Nacht, es ist trotzdem auffällig hörbar und begeistert mich. Als Phono-PreAmp nutze ich immer noch sehr zufrieden einen Gram Amp 2 Communicator von Graham Slee aus dem UK. In der Preisklasse gibt es einfach nichts vergleichbares. Dieser ist mit dem MK7 über ein Horn Audiophiles Vinyl Master II NF-Phonokabel verbunden. Jenes besitzt eine niedrige Eigenkapazität. Das schwächste Glied in der Kette bleibt aber die Schallplatte an sich. Ist diese von schlechter Pressungsqualität, nützt einem der beste Plattenspieler oder Tonabnehmer nichts. Ja, auch heute gibt es noch viele grottige Pressungen. Für die gewellte Fraktion habe ich mir ein Plattengewicht besorgt. Das macht tatsächlich einen hörbaren Unterschied.

Rechts vom Plattenspieler befindet sich die Abteilung Pflege. Neben einer vernünftigen Vlies-Plattenbürste lege ich besonderes Augenmerk auf die Reinigung der Nadel. Eine spezielle Reinigungsflüssigkeit kommt hier zum Einsatz. Am besten lässt sich so ein winziger Diamant unter einem Mikroskop säubern und prüfen.

Die Zeit wird zeigen, ob der neue 1210er auch so lange durchhält wie seine älteren Geschwister. Ich bin auf jeden Fall recht begeistert von dem Gerät. Ein paar Minuspunkte konnte ich dennoch ausmachen. Was mich stört ist, dass es für die Abdeckhaube keine Scharniere gibt um diese einfach bequem hochzuklappen. Da hat Technics zu sehr auf den Preis geschaut. Lässt sich wohl auch nicht nachrüsten? Habe ich zumindest so gelesen. Die Halterung für den Tonarm ist nicht mehr aus Metall. Ist Geschmackssache. Der verwendete Kunststoff macht jedoch einen sehr robusten Eindruck. Nichtsdestotrotz ist das ein absolut solides Gerät von hoher Qualität. Ich wollte zwar, bis zur besagten Pressemeldung letztes Jahr, mir keinen 1210er wieder ins Haus holen, bin jetzt aber über den Kauf froh. Der ebenfalls kürzlich erschienene Technics SL-1500C wäre zwar von den Funktionen her eher das, was für meine Bedürfnisse geeignet ist, allerdings kostet er mehr als der MK7 und besitzt einen integrierten Phono-PreAmp. Den brauche ich nicht und würde diesen sinnlos bezahlen. Die Optik hat mich schlussendlich auch nicht so gecatcht wie die des MK7.
In Anbetracht des Marktes für Plattenspieler heutzutage, bietet der Technics SL-1210 MK7 ein unfassbar gutes Preis/Leistungsverhältnis, für Leute, denen mehr an Qualität als an fancy Funktionen gelegen ist.

attix Verfasst von:

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